Dimitris Koufodinas verbüßt eine Haftstrafe von 11 Mal lebenslänglich zzgl. 25 Jahren, nachdem er als Mitglied der “Revolutionären Organisation 17. November” (17N) verurteilt wurde. Der 17N war in Griechenland aktiv ab 1975 bis 2002, als er nach einem misslungenen Anschlag zerschlagen wurde. Er trat zuerst mit der Erschießung des amerikanischen CIA-Chefs für Südosteuropa in Erscheinung. Seitdem war die Vernichtung des 17N eine grundlegende Forderung der USA, mit großem Druck auf die jeweiligen griechischen Regierungen. 1989 fiel der Politiker und Journalist Pavlos Bakogiannis, Schwager des jetzigen Premierministers und Vater des derzeitigen Bürgermeisters von Athen, der Organisation zum Opfer.
Dimitris Koufodinas stellte sich 2002 nach der Verhaftung mehrerer Mitglieder des 17N selbst und erklärte, er sei Mitglied der Organisation und übernehme die politische Verantwortung für deren Handlungen. Er verteidigte sich nicht und machte keine Aussagen zu seinen Mitangeklagten. Diese Haltung brachte ihm Respekt in Teilen der griechischen Gesellschaft ein.
Ab 2002 war Dimitris Koufodinas dauerhaft in einem speziellen unterirdischen Flügel des Korydallos-Gefängnisses (Athen) inhaftiert, bis er 2018 in die landwirtschaftliche Haftanstalt Volos verlegt wurde.
Obwohl er seit 2010 Anspruch auf Lockerungen hatte, bekam er sie 2017 zum ersten Mal und in der Folge noch fünf Mal.
Die Gewährung von Hafturlaub für Koufodinas wurde von bestimmten Fernsehmedien, aber auch von Politikern, die mit öffentlichen Äußerungen und Interventionen unter Nennung seines Namens gegen ihn auftraten, intensiv und systematisch bekämpft mit der Forderung, die Gewährung von Lockerungen einzustellen. Unter ihnen war auch der heutige Premierminister und Mitglieder seiner Familie. Lautstarke Interventionen gab es auch seitens der amerikanischen Botschaft.
Infolge dieser Polemik wurden die Hafturlaube ab dem Frühjahr 2019 mit Begründungen, die mit Koufodinas’ politischen Überzeugungen zusammenhängen, und seiner Weigerung, Reue zu erklären, verweigert – etwas, das nach griechischem Recht kein Grund für die Verweigerung von Lockerungen ist. Die Frage der Hafturlaube kam bis vor den Obersten Gerichtshof (Areopag), der entschied, dass die Ablehnung der entsprechenden Anträge nicht vom Gesetz gedeckt sei. Das für die Gewährungen von Lockerungen zuständige Gericht in Volos änderte jedoch seine Auffassung nicht und so wurden die Hafturlaube endgültig verweigert.
Der Präsident der jetzt regierenden Partei Neue Demokratie, Kyriakos Mitsotakis, hatte sich öffentlich festgelegt, dass er diesen bestimmten Häftling, wenn er an die Macht käme, von Lockerungen ausschließen und auch die Strafverbüßung in Landwirtschafts-Gefängnissen verhindern werde. Tatsächlich wurde im Dezember 2020 das Gesetz 4760/2020 veröffentlicht, in dem eine Bestimmung enthalten ist, die die Gewährung von Hafturlaub für wegen “terroristischer” Straftaten verurteilter Personen sowie deren Inhaftierung in Landwirtschafts-Gefängnissen ausschließen.
Zu diesem Zeitpunkt (bzw. bis heute) war einziger Verurteilter dieser Kategorie in einem Landwirtschaftlichen Gefängnis Koufodinas. Während der Gesetzesdebatte im Parlament wurde Dimitris Koufodinas persönlich als Adressat der Vorschrift benannt.
Am 23.12.20 wurde Koufontinas plötzlich aus dem Landwirtschaftlichen Gefängnis Volos in das Gefängnis Domokos verlegt, in einer Art und Weise, die einer Entführung glich (ohne Ankündigung, ohne Kontakt mit seiner Familie aufnehmen zu können und ohne Zeit zu haben, seine persönlichen Sachen zu packen und sich zu verabschieden).
In Domokos wurde er mit anderen Gefangenen in eine erstickend kleine Zelle gesperrt, in der er, ohne Raum und Zeit für sich selbst zu haben, das Rauchen und die anderen Bedürfnisse der Mithäftlinge aushalten muss.
So erlebt Dimitris Koufontinas, jetzt 63 Jahre alt, eine dramatische Verschlechterung seiner Haftbedingungen, mit katastrophalen Folgen für seine Persönlichkeit, seine psychische und seine physische Gesundheit (letztere ist aufgrund der Hungerstreiks, auf die er in der Vergangenheit Zuflucht nehmen musste, angegriffen).
Es ist bemerkenswert, dass diese Überstellung in ein anderes Gefängnis sogar gegen die Bestimmungen des jüngsten, ausschließlich gegen ihn gerichteten Gesetzes, verstieß; danach hätte er nach Korydallos zurückgebracht werden müssen, wo er die vorherigen 16 Jahre inhaftiert war, ein Gefängnis in der Nähe des Wohnorts seiner Familie.
Das zuständige Ministerium stellte eine Bescheinigung mit einer groben Unwahrheit aus. Demnach sei er entsprechend dem Gesetz nach Korydallos und sodann aufgrund einer neuen Entscheidung nach Domokos verlegt worden – er wurde jedoch direkt nach Domokos verfrachtet. Die Begründung für die Verlegung dorthin war ebenfalls haltlos und falsch.
Aus dem allgemeinen Kontext geht hervor, dass die Verlegung aus Gründen der Rache und unter dem Druck der US-Botschaft erfolgte. Mitglieder der derzeitigen Regierung hatten bereits früher angekündigt und sich darauf festgelegt, die Haftbedingungen dieses bestimmten Gefangenen zu verschlechtern. Die Verstöße gegen die Gesetze, sogar gegen diejenigen, die nur erlassen wurden, um die Bedingungen von Koufodinas’ Strafverbüßung zu verschlechtern, sind ein beispielloser Fall willkürlicher Eingriffe in das Justizsystem aus Gründen der persönlichen Rache, gefordert von einer politisch mächtigen Familie.
Nach der bewusst unrichtigen Bestätigung des Ministeriums beschloss Dimitris Koufontinas, gegen all diese Methoden zu protestieren, zu verlangen, nach Korydallos verlegt zu werden (wie es das kürzlich erlassene Gesetz vorsieht) und in Hungerstreik zu treten. Er befindet sich bereits am 10. Tag des Hungerstreiks, hat bereits knapp 20 % seines Gewichts verloren; er hat Symptome einer Azidose (Absinken des pH-Werts im Blut), Ohnmachtsanfälle und Probleme, ohne Hilfe zu stehen und sich zu bewegen. Am 16.01. wurde Koufodinas in das Krankenhaus von Lamia gebracht. Da er jedoch jede Behandlung dort verweigert, wurde er noch am selben Tag wieder zurücktransportiert.
Die aktuelle Forderung lautet, Dimitris Koufontinas in das Korydallos-Gefängnis zu verlegen und die gegen ihn gerichteten willkürlichen Eingriffe – gesetzgeberische und tatsächliche – sowie seine systematisch diskriminierende Behandlung einzustellen.